4 Hitches an einem Tag – von Big Bear bis Wrightwood (Meile 266 – 369)
Wir kommen also an die Strasse, die nach Big Bear führt und strecken hungrig aber fröhlich lächelnd unsere Daumen raus. Je freundlicher man aussieht, desto eher wird man mitgenommen. Es soll auch helfen, sich die Haare nass zu machen und ordentlich zu kämmen, einen Kamm haben wir aber nicht dabei. Auf dem Highway ist zwar nicht sehr viel los, aber nach ca. 10 Minuten hält auch schon ein Firefighter auf dem Weg zur Arbeit an und ist bereit uns stinkende und dreckige Hiker ein Stück mitzunehmen. Nach der Hälfte des Weges müssen wir uns aber leider wieder ein anderes Auto suchen, das tatsächlich bis Big Bear rein fährt, die Rangerstation des Feuerwehrmannes liegt nämlich ausserhalb. Wir laufen zur Hauptverkehrstrasse mit ausgestrecktem Daumen und nach einer kurzen Weile hält ein Rentner an, der für seine Frau Blumen zum Muttertag kaufen will, und uns bis ins Zentrum der nicht ganz kleinen City bringt.
Das Erste, was wir machen, ist, ins am Sonntagmorgen sehr volle Dennys zugehen und eine große Portion Blueberry Pancakes zu frühstücken. So gestärkt gehen wir Lebensmittel für die nächste Etappe nach Wrightwood einkaufen.
Amerikanische Städte sind nicht fürs Laufen gemacht und wenn man wie wir kein Auto hat, ist es nicht ganz leicht von A nach B zu kommen. Wir machen folglich das Einzige, was wir nach 270 Meilen Wandern so richtig gut können: Wir hitchen (also trampen) zum Supermarkt. Diesmal nimmt uns ein junger Kerl in seinem Sportwagen mit und gibt uns noch Tipps, wo wir den günstigsten Laden finden. Nach dem wir alle Einkaufspflichten erledigt haben, setzen wir uns noch für ein paar Stunden in ein Starbucks. Diesmal wollen wir noch am selben Tag auf den Trail und müssen vorher noch unsere Handys aufladen, damit wir weiter über unsere Erlebnisse hier bloggen können.
Gegen 5 Uhr nachmittags stehen wir wieder an der Strasse, die ausnahmsweise sogar einen Bürgersteig hat, und Probieren unseren vierten Hitch des Tages zu ergattern. Das Glück (oder vielmehr die super Community von Trailangels, die die Hiker unterstützt) verlässt uns nicht. Eine sehr mütterliche und freundliche Frau, hält an und fährt uns direkt zurück zum Trail. Ihre einzige Bedingung: wir müssen unbedingt unseren Eltern sagen, wo wir sind und dass es uns gut geht. Nachdem wir ihr versichert haben, dass wir das als pflichtbewusste Söhne natürlich getan haben, erzählt sie uns von den vielen anderen Hikern, die sie vom und zurück zum Trail gebracht hat. Sie ist eine richtige Trail-Mama, die sich um alle ihre Hiker da draussen sorgt und so viel für sie tun will, wie möglich. Sie verabschiedet uns mit einer herzlichen Umarmung in die Wildnis und wir stapfen noch drei lockere Meilen zur nächsten Wasserquelle, um dort zu campen.
Als wir ankommen, sehen wir, dass da schon einiges los ist. Ein Campfeuer mit Marshmellows darüber brennt bereits und eine Whiskeyflasche kreist fröhlich zwischen drei Israelis (von denen gibts echt viele hier!), einem Dänen und drei Amis, die uns direkt ans Feuer einladen und uns von ihrem üppigen Abendessen anbieten.
Den nächsten Tag verbringen wir wie immer damit, zu laufen und unsere Rücksäcke durch viel Essen leichter zu machen. Am Abend zelten wir an einer wunderbaren Gumpe, in der wir unsere Dusche und Wäsche nachholen. Wir wagen uns sogar nackt hinein, obwohl das hier in den prüden Staaten anscheinend sehr gefährlich ist: Wir haben schon Geschichten von anderen nacktbadenden Thruhikern gehört, die dafür extrem runtergemacht worden sind (es könnten hier ja auch Kinder auf dem Trail unterwegs sein!!!). Wir sagen uns, dass falls uns jemand entdeckt, wir eben die crazy Germans auf dem Trail sind. Zum Glück geht alles gut und wir können uns erfrischt ans Kochen machen.
Die nächsten Tage bemerken wir, dass wir in einer komplett neuen Hikergruppe gelandet sind. Wir kennen so gut wie niemanden, schliessen aber schnell Bekanntschaft mit einem Pärchen deutscher Medizinstudenten, dem 63 jährigen Spiker, Morgen und Andrew, die beide in unserem Alter sind.
Der Trail selbst führt durch einen tiefen Canyon, der schließlich in den Ausläufern der Mojave Wüste mündet. Durch die gehen wir zum Glück zumindest im Moment noch nicht durch. Wir halten uns weiter an die Berge, die die Ebene umgeben und nehmen Kurs auf McDonalds. Am 4 Tag nach Big Bear geht der Trail nämlich an einer großen Autobahnkreuzung mit Fast Food Restaurant vorbei. Essen können Thruhiker immer (siehe den vorigen Blogpost) und so gönnen wir uns ein zweites Frühstück mit den ca. 10 anderen PCT Hikern, die natürlich auch den Abstecher zum McD gemacht haben. Dort müssen wir dann auch unsere Wasservorräte auffüllen. Für die letzten 30 Meilen nach Wrightwood gibt es nämlich kein Wasser auf dem Trail. Jeder von uns schwer beladen mit 5,5 Litern Wasser müssen wir noch 1300 Höhenmeter bis zum Camp machen. Das hat dafür aber auch eine klasse Aussicht über die Wüste auf der einen und schneebedeckte Berge auf der anderen Seite.
Nach 200 Meilen ohne richtige warme Dusche steigen wir am nächsten Tag Stadtfertig nach Wrightwood ab.
Hier gehts zum nächsten Teil:
Hiker Heaven und die Andersons von Wrightwood nach Casa de Luna (Meile 369 bis 478)
Jetzt versteh ich auch, warum ihr nicht in den Deep Creek Hot Springs wart…
. ..wenn das so gut mit dem Trampen klappt, müsst Ihr ja (noch?) richtig nett aussehen. Es muss eigenartig sei, so vielen Menschen aus so unterschiedlichen Nationen freundschaftlich auf dem Trail zu begegnen, während wir zuhause das Geschehen in den unterschiedlichen Länder gebannt, irritiert und mit Sorge verfolgen und uns fragen, was morgen sein wird und was geändert werden kann. Genießt die Auszeit…!
Bathing naked on the trail is fine. And at Deep Creek Hot Springs it is expected.