Trailmagic und Hikerhunger – Idyllwild bis Big Bear Lake (Meile 179 – 266)
Wir beschließen auf Grund der Wetterlage, einen weiteren Tag in Idyllwild zu bleiben. Wir waschen in einem kleinen Waschsalon unsere Wäsche und frühstücken währenddessen eine große Portion Ben&Jerrys Eiscreme. Am Abend hoffen wir uns die Zeit mit einem kühlen Bierchen vertreiben zu können, müssen aber zu unserem Leid feststellen, dass ein Glass 8$ kostet. Wir lassen uns dennoch nicht von unserem Vorhaben abhalten und lernen einen netten Schotten kennen, welcher Urlaub in seiner Hütte macht.
Mit Ori starten wir am nächsten Morgen wieder auf den Trail. Wir campen kurz vor San Jacinto Peak, damit wir den Aufstieg früh am Morgen machen können, wenn der Schnee noch hart ist. Das macht das Laufen deutlich leichter, weil man auf der Schneedecke gehen kann, anstatt in sie einzusinken. Während wir gen Gipfel stapfen, können wir hinter uns die Sonne quasi mit uns über die Wolken und Berge klettern sehen. Oben angekommen haben wir den Gipfel für uns alleine und wir gönnen uns erstmal einen Siegeshaferbrei mit Apfel und Zimt.
Der Abstieg gestaltetsich nicht ganz so einfach wie der Aufstieg. Wir haben uns für einen anderen Weg zurück zum PCT entschieden, weil der Trail dorthin aber mit noch mehr Schnee bedeckt ist, verlieren wir mehrmals den Weg. Als wir endlich wieder auf unserem wohl vertrauten und vielbegangen PCT sind, fängt der Abstieg erst richtig an: Bis zum Talboden sind es ca. 2800 Höhenmeter über eine Strecke von nur 20 Meilen.
Als wir am nächsten Morgen unten ankommen, dachten wir zunächst, wir wären in eine Szene von ‚Breaking Bad‘ gelaufen! Mitten im nirgendwo steht ein Wohnwagen einfach so in der Wüste. Als wir näher kommen, stellt sich aber heraus, dass dort nicht Meth gekocht wird, sondern Äpfel, Donuts und Erdbeeren (die übrigens aus dem Aldi stammen, wie Copper Tone uns erzählt) verteilt werden. Der Wohnwagen gehört Copper Tone, der schon seit Jahren während der der Wandersaison am Trail steht und hungrige und durstige Thruhiker mit Trailmagic versorgt. Copper Tone ist sein Trailname, er selber ist den PCT schon 2006 gelaufen. So gestärkt können wir uns auf den Weg durchs schon in der Vormittagshitze flimmernde Tal machen, auf dessen anderer Seite sich wieder neue Berge auftürmen. So langsam glauben wir zu wissen, warum es Pacific Crest Trail heißt.
Bevor wir da ankommen, müssen wir aber noch den vielbefahrenen Interstate 10 unterqueren. Dort überrascht uns abermals Trailmagic. In Kühlboxen befinden sich kaltes Bud Light, Orangen und Trailmix. Obwohl wir eben erst von Copper Tones Oase losgelaufen sind, bedienen wir uns ausgiebig. Auch ein kleines Vormittagsbierchen ist für Thruhiker auf Wüstenüberquerung erlaubt, sagen wir uns.
Die seichten Vergnügungen des Thruhikens enden jedoch hier. Ab jetzt müssen wir wieder in die Berge hoch, wo es leider keine Trailmagic mehr geben wird. Am nächsten Tag wandern wir 20 Meilen mit insgesamt 2000 Höhenmeter Steigung! Nach 2 Wochen wandern sind wir zwar gut in Form, aber das bringt auch uns an unsere Grenzen. Dies ist der Moment, an dem wir merken, dass man auf einem Thruhike nicht genug essen kann. Der sogenannte ‚Hikerhunger‘ setzt jetzt auch bei uns ein. Die Gedanken drehen sich nur noch ums Essen und egal, wie viel man isst, man hat immer noch mehr Hunger. Zum ersten Mal haben wir tatsächlich alles, was wir an Essen mitgenommen haben, aufgefuttert. Am Morgen vor Big Bear Lake bleibt uns lediglich noch ein Portion Haferbrei und ein Müsliriegel. Dort werden wir uns erstmal die Bäuche vollschlagen.
Hier gehts zum nächsten Teil:
4 Hitches an einem Tag von Big Bear bis Wrightwood (Meile 266 bis 369)
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